Internationaler Tag zum Gedenken an die Opfer des Holocaust

Erziehung nach Auschwitz

„Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung.“

(Theodor W. Adorno 1966).

Am 27. Januar ist Internationaler Holocaust- Gedenktag und zugleich der seit 1996 bundesweit  gesetzlich verankerte Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Am 27. Januar 2020 ist es genau 75 Jahre her, dass sowjetische Truppen das Konzentrationslager  Auschwitz befreiten.

Auschwitz-Birkenau war das größte deutsche Vernichtungslager während der Zeit des Nationalsozialismus.  Es wurde 1941 auf dem Gebiet der Gemeinde Brzezinka (deutsch Birkenau) errichtet,  nahe der Stadt Oświęcim (deutsch Auschwitz) im von Deutschland besetzten Polen. Im Lagerkomplex Auschwitz wurden etwa 1,1 Millionen Menschen ermordet.

Heute sind von zwei der großen Konzentrationslager noch viele Teile erhalten. Sie sind öffentlich zugänglich als Bestandteil des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau, Gedenkstätte des Holocaust und jüdischer Friedhof.

Auschwitz-Birkenau  wurde 1979 von der UNESCO unter dem Namen „ deutsches nationalsozialistisches Konzentrations- und Vernichtungslager (1940–1945)“ zum Weltkulturerbe erklärt.

In der Ernennungsurkunde heißt es, Auschwitz „ist ein Ort der kollektiven Erinnerung an dieses dunkle Kapitel in der Menschheitsgeschichte, ein Ort der Unterrichtung der nachfolgenden Generationen und ein Warnsignal für die vielfältigen Bedrohungen und tragischen Folgen extremistischer Ideologien und der Verleugnung der Menschenwürde.“

Es wird zahlreiche Veranstaltungen und Reden geben, nicht zuletzt in Israel und Auschwitz.

21 Regierungschefs haben ihre Teilnahme an den Gedenkfeierlichkeiten in Auschwitz zugesagt, darunter der deutsche Bundespräsident Steinmeier und Israels Präsident Rivlin. Die russisch-polnische Zwietracht über die Schuldfrage  zum Ausbruch des 2. Weltkrieges hat dazu geführt, dass  der russische Präsident seine Teilnahme abgesagt hat, wie bereits vor 5 Jahren, zum 70. Jahrestag der Befreiung Auschwitz.

Vielleicht ist es kein Zufall, dass der Internationale Tag der Bildung in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Holocaust-Gedenktag liegt. Im Dezember 2018 hatte die Generalversammlung der Vereinten Nationen den 24. Januar zum „UNESCO International Day of Education“ erklärt.

Mit Ziel Nr.4 der Nachhaltigkeitsagenda hat sich die Weltgemeinschaft verpflichtet, allen Menschen bis 2030 den Zugang zu einer hochwertigen, inklusiven und chancengerechten Bildung zu gewährleisten. Nicht erst seit der „Bildungsagenda 2030“ wird Bildung zum Menschenrecht. Sie ist in Artikel 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte seit  dem 10.12.1948 fest verankert.

Aber um welche Bildung geht es heute?

Kann die Forderung von Theodor Adorno aus dem Jahre 1966 heute noch tragen?  Und was ist zu tun, damit Auschwitz nicht noch einmal sei? Oder anders gefragt: Tun wir genug, damit Auschwitz nicht noch einmal sei? In Schule und Unterricht hat sich seit 1966 Vieles zum Positiven gewandelt. Lehrplänen, Lehrbüchern und Unterrichtenden ist kein Vorwurf  der Verharmlosung oder der Leugnung mehr zu machen. Das Holocaust- Denkmal in Berlins Mitte verzeichnete einen Besucherrekord mit 480 000 Besuchern in 2019, nur im Informationsort unterhalb der Stelen.

Die zahlreichen jungen Besucherinnen und Besucher, die sich zwischen den Stelen aufhalten, blieben ungezählt. Und es werden Jahr für Jahr mehr.

Verändert hat sich aber auch die parteipolitische Landschaft in Deutschland und die Nutzung der sozialen Medien. Zunehmender Hass und Angriffe auf anders Denkende, anders Aussehende und anders Lebende gefährden immer stärker das soziale Miteinander. Angriffe auf Politiker in Stadt und Land, in kommunalen Parlamenten und im Bundestag gefährden unsere Demokratie. Angriffe auf Journalisten und Verunglimpfung ihrer Berichterstattung  durch Fake- News- Vorwürfe unsere Meinungsfreiheit.  Und die zunehmenden Versuche, Theater, Opernhäuser und andere Veranstaltungsorte in der Wahl ihres Repertoires unter Druck zu setzen, gefährden unsere Kulturfreiheit.

Tun wir genug? „Die einzig wahrhafte Kraft gegen das Prinzip von Auschwitz  wäre Autonomie, wenn ich den Kantischen Ausdruck verwenden darf; die Kraft zur Reflexion, zur Selbstbestimmung, zum Nicht-Mitmachen.“ (Theodor W. Adorno).

                                                                                                                                           Angelika Hüfner