20 Jahre "Memory of the World" Festakt der Deutschen UNESCO-Kommission im Auswärtigen Amt Berlin

10.10.2012

"Zukunft braucht Erinnerung": mit diesem paradigmatischen Motto eröffnete der Präsident der Deutschen UNESCO-Kommission Walter Hirche am 10. Oktober 2012 den Festakt in Berlin zur Übergabe der Urkunden über die Eintragung herausragender kultureller Dokumente in das "Memory of the World"-Register an die neun Institutionen.

 

 
 

Als herausragende kulturelle Dokumente für das Weltgedächtnis waren der Zwei-Plus-Vier-Vertrag von 1990 und 15 Dokumente zum Bau und Fall der Berliner Mauer 2010 von der Deutschen UNESCO-Kommission nominiert und im Mai 2011 vom Internationalen Komitee für das UNESCO-Programm "Memory of the World" ausgewählt worden. Unter den Dokumenten die sich in das kollektive Gedächtnis der Deutschen an den Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 eingegraben haben, befinden sich u.a. das Photo "Sprung in die Freiheit" des flüchtenden Volkspolizisten und der Sendeausschnitt der Berliner Abendschau vom 22. September 1961 "Sprung aus dem Fenster eines Mannes und einer Frau mit ihren letzten Habseligkeiten“. Der "Zwei-Plus-Vier Vertrag" vom 12. September 1990 dokumentiert dagegen das Ende der deutschen Teilung – eine, wie alle Rednerinnen und Redner betonten, besondere, nicht allein für Deutschland, historische Zäsur.

"Der eiserne Vorhang rostete nicht nur, sondern er zerfiel" erinnerte der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher in seinen Worten an die Zeit von 1989/1990. Sowohl die Generaldirektorin der UNESCO, Frau Irina Bokova, als auch Außenminister Dr. Guido Westerwelle thematisierten in ihren Reden die eigene Betroffenheit von den Ereignissen in Deutschland Ende des Jahres 1989, betonten insbesondere aber auch die politische Bedeutung für zukünftige Generationen.

Spannend war vor allem die Gesprächsrunde mit den "Zeitzeugen" der Verhandlungen zum "Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland" - wie der Vertrag offiziell heißt. In den Beiträgen von Hans-Dietrich Genscher, Staatssekretär Kastrup und Lothar de Maizière wurde deutlich, mit welchen Motiven die deutsche Seite seinerzeit in die Verhandlungen mit den vier Alliierten ging und welch enges Zeitfenster für einen Erfolg der Gespräche zur Verfügung stand. Nachdem am Rande der "Open Skies"-Konferenz der KSZE in Ottawa am 13. Februar 1990 eine grundsätzliche Einigung auf solche Gespräche erzielt und die sog. "Zwei-plus-vier-Formel" verabschiedet worden war, mussten in den Verhandlungen schwierige Fragen, wie die zum Abzug der sowjetischen Truppen, gelöst und die Bedenken der britischen und französischen Seite ausgeräumt werden. Abgerundet wurde dieses Bild durch die Erinnerungen der Vertreter der Botschaften der vier Alliierten, die einmütig den Willen ihrer damaligen Regierungschefs zur deutschen Einigung betonten.

Ellen Tise von der Universität Stellenbosch, Südafrika und Mitglied des UNESCO-Expertenkreises zur Strategie des "Memory of the World"-Programms referierte die Herausforderungen dieses Programms und die zukünftigen Aufgaben im Hinblick auf die Digitalisierung der Dokumente und ihre Bewahrung für das zukünftige Gedächtnis der Menschheit.

Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung durch das mongolische Streichquintett, das mit seinen ganz eigenen Kehlkopfgesängen einen großen Eindruck hinterließ.

Dr. Brigitte Reich
Mitglied des Berliner Komitees für UNESCO-Arbeit

 

Bild zur Meldung: Walter Hirche, Irina Bokova, Guido Westerwelle, Hans-Dietrich Genscher, Lothar de Maizière