Wer rettet die UNESCO? Buchvorstellung

Hüfner, Klaus: "Wer rettet die UNESCO?", Frank & Timme GmbH Verlag für wissenschaftliche Literatur, Berlin 2013

Klaus Hüfner veröffentlicht Handlungsvorschläge für die UNESCO-Generalkonferenz am 5. November 2013 in Paris


Zum Inhalt

Seit 2011 zahlen die USA nicht mehr ihren UNESCO-Pflichtbeitrag, der immerhin 22 Prozent des ordentlichen UNESCO-Haushalts ausmacht. Da sie weiterhin Mitglied der Organisation sind, riskieren sie damit den Verlust ihres Stimmrechts auf der 37. Generalkonferenz im November 2013. Die durch dieses Verhalten ausgelöste Finanzkrise ließ sich auch mit einem von der Generaldirektorin eingerichteten Notstandsfonds nicht lösen, da bisher kein einziger EU-Staat hierzu einen freiwilligen Beitrag dazu geleistet hat. Der Vorschlag des Autors, kurzfristig einen Darlehensfonds einzurichten, wurde schweigend übergangen. Seit 2012 müssen in der Folge sämtliche Haushaltspläne der UNESCO um rund 30 Prozent und alle Programm-Aktivitäten um etwa 50 Prozent reduziert werden.

 

Aber die Finanzkrise macht auch eine Strukturkrise der Organisation sichtbar. Klaus Hüfner stellt fest, dass die Mitglieder des Exekutivrats nach der 1991 erfolgten Verfassungsänderung bei der Entsendung ihrer Vertreter/innen die Vorschriften verletzen, so dass von einer „Erhöhung der Effizienz und Effektivität“ nicht die Rede sein kann. Daher fordert Hüfner eine Reduzierung der Mitgliederzahl des Exekutivrats von 58 auf 30 Staaten, wobei auch die Möglichkeit einer direkten Wiederwahl abgeschafft werden sollte. Parallel dazu sollte mit Akademia ein gleichrangiger Ausschuss für Nicht-Regierungspartner gegründet werden, der ebenfalls aus 30 Mitgliedern internationaler NGOs besteht. Beide Räte sollten im Auftrage der Generalkonferenz und im gegenseitigen Konsens sowohl für den Prozess der mittel- und langfristigen Planaufstellung als auch für die Plandurchführung und -evaluierung zuständig sein.

Die Aufsichtsräte der UNESCO-Fachinstitute sollten sich in Zukunft nicht aus Regierungsvertretern, sondern ausschließlich aus ausgewiesenen Fachleuten zusammensetzen, denn die Fachinstitute sollen als "Denk-Leuchttürme" agieren, als Exzellenz-Zentren „gegen den Strom“ denken und Anstöße für innovative Programm-Aktivitäten liefern. Auch der Ausschuss für Menschenrechtsfragen (CR-Ausschuss) des Exekutivrats darf nicht einer zunehmenden Politisierung zum Opfer fallen, sondern muss in ein Expertengremium umgewandelt werden.

Der Autor nennt weitere Programm-Schwachstellen, wie zum Beispiel die Vielzahl der Aktivitäten, die ein "Mehr mit weniger" anstelle ein "Weniger mit mehr" anstreben. Auch kritisiert er am Beispiel der UNESCO-Weltberichte, wie das Postulat der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Sektoren verletzt wird.

Interessant ist auch der Vorschlag, beim Pflichtbeitrag zum ordentlichen Haushalt eine neue Höchstgrenze von 10 anstatt von bisher von 22 Prozent einzuführen, um so nicht länger von einem Staat finanziell abhängig zu sein. Darüber hinaus schlägt Hüfner vor, bei konkreten Projekten von den sich beteiligenden Mitgliedstaaten Gebühren zu erheben, die sich prozentual an den Beitragssätzen zum ordentlichen Haushalt orientieren.

Zusammenfassend stellt der Autor fest: "Die gegenwärtige Finanzkrise legt zahlreiche strukturell-organisatorische sowie inhaltliche Probleme der Organisation offen. Wer umfassende Struktur-Reformen fordert, muss sich auch an den hierzu notwendigen Aktivitäten beteiligen. Schweigen kann für die Organisation tödlich sein. Das gegenwärtige Krisenmanagement durch Sekretariat und Exekutivrat reicht ebenfalls nicht aus. Sämtliche Anstrengungen sollten darauf gerichtet sein, dass die UNESCO in ihren Zuständigkeitsbereichen zur Denkfabrik des UN-Systems umgebaut wird und damit die Forderungen zur Konzentration, Transparenz und Partizipation deutlicher als bisher erfüllt".

 

Berliner Komitee für UNESCO-Arbeit

Ein Interview mit Herrn Hüfner zur Buchveröffentlichung finden Sie beim
Deutschlandradio Kultur.

Das Buch ist er­hält­lich beim Frank & Timme GmbH Verlag.


Content

Since 2011 the United States do not pay the membership fees of 22 per cent to the regular budget of UNESCO. Since the US continues to remain member of the Organization, the right to vote at the 37th General Conference in November 2013 is at risk. The Director-General established a Multi-Donor Emergency Fund which didn’t overcome the financial crisis primarily due to the fact that the EU Member States rejected to participate at all. The proposal of the author to establish a loan fund has been ignored with silence. Therefore, since 2012 all budget plans had to be reduced by about 30 per cent and all programme activities went down by almost 50 per cent.

But the financial crisis shows quite openly a structural crisis of the Organization as well. Klaus Hüfner argues that the members of the Executive Board violate the provisions of the Constitution after the changes of 1991 in the nomination process; therefore, the so-called increase of efficiency and effectiveness cannot be claimed at all. Therefore, Hüfner demands that the membership in the Executive Board be reduced from 58 to 30 Member States, without the possibility of immediate re-election. Parallel and at the same level a Committee for Non-Governmental-Partners/Akademia should be established, composed as well of 30 members of international NGOs. Both Boards should be responsible upon demand of the General Conference and in mutual consensus for the medium- and long-term programming as well as for the implementation and evaluation activities in the planning process.

The governing boards of the UNESCO Institutes should no longer be composed of governmental representatives from Member States, but only of acknowledged experts. Because those Institutes should act as "think lighthouses", they should think as centres of excellence "against the stream" and deliver impulses for innovative programme activities. Also, the committee on human rights issues (CR Committee) must not be sacrificed because of increasing politicization, but changed into a committee composed of acknowledged experts.


The author mentions a number of programme weaknesses, such as the huge number of activities which strive for “more with less” instead of "less with more". He also criticises how the postulated interdisciplinary cooperation between the different Sectors of the Secretariat has been violated in the case of the production of UNESCO World Reports.

Quite interesting is the proposal of introducing as a new ceiling of 10 instead of the present 22 per cent in the assessment scale concerning the regular budget of UNESCO in order to be no longer financially dependent upon one Member State. Furthermore, in the case of concrete projects to be undertaken Hüfner proposes the introduction of fees from the participating Member States which are based upon the assessment scale.

In his summary the author states: "The present financial crisis indicates many structural-organisational as well as substantial problems of the Organization. Those who ask for comprehensive structural reforms must also participate in the necessary activities. Silence can be deadly for the Organization. The present crisis management by the Secretariat and the Executive Board is also not sufficient. All efforts should be directed in such a way that UNESCO will be transformed into a think tank of the UN system in all its fields of competence and that thereby the demands for concentration, transparency and participation will be better fulfilled than before".